Erschienen auf www.artandevents.mediaquell.com, 2009
Seit Februar ist die Ausstellung „Our body – à corps ouvert“ an einem neu eröffneten Ausstellungsort von circa 1200 m2, dem Espace 12 Madeleine, mitten in Paris zu sehen. Ähnlich der „Körperwelten-Ausstellung“, die in vielen Ländern der Welt mit über 30 Millionen Besuchern für Schlagzeilen sorgte und momentan in Heidelberg zu sehen ist, ist diese bis 10. Mai andauernde Schau in Paris höchst umstritten, um die ein gerichtliches Gerangel begonnen hat.
Der durch die erste sensationelle Ausstellung dieser Art bekannte Name Gunther von Hagens, Erfinder des Plastinationsverfahren in den 80er Jahren und Initiator der „Körperwelten“ wird hier in der Pariser Ausstellung nirgendwo erwähnt, es scheint sich um eine Nachahmer-Ausstellung zu handeln, auf die das Institut für Plastination bei Heidelberg auf ihrer Internetseite hinweist und sich auch distanziert.
Pariser Museen wie das Musée de l´homme oder die Cité des Sciences wollten diese Ausstellung aus ethischen Gründen nicht haben. So fand sich ein privates Unternehmen für das Projekt. Der Organisator der Pariser Ausstellung, Pascal Bernardin, Direktor der Firma Encore Events, entdeckte die Ausstellung 2004 in den USA und brachte sie nach Frankreich. Er lobt die pädagogische Angehensweise dieser für ihn wissenschaftlich wichtigen Ausstellung, sowie die hohe Qualität der Präsentation. Nach Lyon und Marseille ist sie nun endlich in der Hauptstadt angekommen.„Our Body – à corps ouvert“ soll den Besuchern neues Wissen über Anatomie und Körperfunktionen geben und sie lehren, ihre Gesundheit wieder mehr zu schätzen. Sie soll im Rahmen der „Grande cause nationale 2009“ (Großer nationaler Anlass 2009) für die Organspende werben und ab Juni in den Parc Floral in Vincennes bei Paris wandern.
Die 17 ausgestellten Ganzkörper-Plastinate oder Teile stammen angeblich aus China. Sie wurden in Positionen verewigt, die einen Teil von Franzosen schocken: als Bogenschießer, Basketball- oder Schachspieler. In theatralischem Licht, auf Podesten oder in Vitrinen werden sie wie kostbare Museumsstücke zur Geltung gebracht. Für viele einfach nur makaber, trotz anatomischem Interesse, Texttafeln und Erklärungen.
Nach dem Organisator zu urteilen, stammen die Körper von der Stiftung Anatomical Sciences and Technology in Hong Kong, die Plastinate herstellen und mit sämtlichen Zertifikaten geliehen wurden. Doch für viele ist die Herkunft chinesischer Körper mysteriös.
Nun haben zwei Verbände für die Verteidigung der Menschenrechte geklagt: Wird der Respekt des menschlichen Körpers, der nicht mit dem Tod endet, wie es im französischen Bürgerlichen Gesetzbuch (Code civil 16-1) steht, hier eingehalten? Der Verein „Gemeinsam gegen die Todesstrafe und Solidarität mit China“ behauptet, dass es kaum Organspender in China gibt. Die Angehörigen der Verstorbenen haben wohl kaum ihr Einverständnis gegeben. Vielleicht handelt es sich bei den Körpern um ermordete Chinesen. Noch heute werden jährlich bis zu 6 000 Menschen in China zur Todesstrafe verurteilt und hingerichtet und deren Körper nicht den Angehörigen zurückgegeben werden.
Die Ankläger wollen die Ausstellung verboten sehen. Denn mit über 15 € Eintritt, klagen sie, handele es, abgesehen von der umstrittenen Frage der Herkunft der Körper, um ein kommerzielles Event, welches als „künstlerisch und pädagogisch“ gelten soll und in den Augen vieler Kritiker keinen wissenschaftlichen Charakter hat.
Am 9. April soll das Urteil gesprochen werden. Im Land der Menschenrechte wird es mit Spannung erwartet.
Katia Hermann