elles@centrepompidou zeigt ein Jahr lang nur Künstlerinnen

Erschienen auf www.artandevents.mediaquell.com, 2010


In der 4. Etage des Centre National d´Art et de Culture Georges Pompidou in Paris werden bis Ende Mai 2010 ein Jahr lang ausschließlich Werke von Künstlerinnen aus der Sammlung des Museums gezeigt. Bei elles@centrepompidou handelt es sich um 500 Werke von mehr als 200 internationalen Künstlerinnen, die in einem thematischen und chronologischen Parcours auf 8000 qm die Kunst von Frauen vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute erzählen.

Werke bekannter Künstlerinnen wie Sonia Delaunay, Frida Kahlo, Dorothea Tanning, Joan Mitchell, Maria-Elena da Silva bilden das historische Kapitel und hängen unmittelbar neben zeitgenössischen Arbeiten wie z. B. von Orlan, Niki de Saint Phalle, Sophie Calle, Annette Messager, Louise Bourgeois, Pipolitti Rist und vielen mehr.

Schon im Eingang wird die Intention dieses musealen Projektes angedeutet: um die Genres durcheinander zu bringen, hat Agnès Thurnauer bestimmte Namen des Berufes verweiblicht oder vermännlicht. Auf Portraits setzt die Künstlerin Namen wie Annie Warhol, Joséphine Beuys, Francine Bacon oder Louis Bourgeois.

Der Parcours erweckt ein passives Bewusstsein, der die Nichtexistenz einer weiblichen Kunst suggeriert.
In den Ausstellungsräumen kommen die Künstlerinnen selbst zu Wort, die teils ihre eigenen Werke anhand der Bildtexte kommentieren. Zitate von Autorinnen, Philosophinnen, Schriftstellerinnen und Historikerinnen verlaufen an den Wänden der Ausstellung. Einige der Künstlerinnen werden im Laufe des Jahres im Centre Pompidou anzutreffen sein.

Der thematische Parcours ist in sieben Kapitel aufgeteilt: Moderne (Pioniere), Historische (Feuer frei!), Physische (der Körper als Slogan), Exzentrische (exzentrische Abstraktion) , Häusliche (ein Zimmer für sich), Narrative (das Wort zum Werk) und Immaterielle (Anspielung auf eine große, bahnbrechende Ausstellung im Centre Pompidou mit dem Titel „Les Immatériaux“, hier die weibliche Form).

Eine Sammlung zu zeigen ist nicht eine Ausstellung konzipieren, denn die Werke sind schon da, die Auswahl ist schon getroffen. Es geht darum, in welchem Kontext und in welchem Licht man die Werke der Sammlung präsentiert. Viele Museen haben Ausstellungen weiblicher Kunst präsentiert, doch das Centre Pompidou ist das erste Museum, das seine Sammlung aus dieser Perspektive heraus der Öffentlich zugänglich macht.

Die Wahl der szenografischen Darstellung der Ausstellung überrascht so manches Mal. Anstelle der klassischen schwarzen Schrift auf den Wänden gibt es sie in rosa, blau, grün, eine ganze Palette an Farben, die an den Hauptsponsor der Ausstellung erinnert: Yves Rocher, der Pflanzen-Kosmetik-Hersteller. Ausgerechnet Kosmetik. Doch abgesehen von den szenografischen „weiblichen“ Verschönerungen geht es in den Ausstellungsräumen eher ernst zu, die Kunst zeigt sich teils gewaltig, seriös und anspruchsvoll. Die Sammlung ist reich, überrascht, und das Centre Pompidou, auch Beaubourg genannt, wird ein Jahr lang feminin.

Nur 18% der Werke unter den Kunstsammlungen des Landes sind von Frauen. Das spricht für sich. Diese Ausstellung trägt dazu bei, den Fokus auf Kunst von Frauen zu richten, sich damit auseinanderzusetzen und sich zu fragen, wie sie zur Kunstgeschichte beiträgt.

Das interdisziplinäre Programm, der Audio-Guide, der 380-Seiten dicke Ausstellungskatalog sowie eine Internetseite, die mit dem Slogan „Ein neuer Blick auf die Geschichte der modernen und zeitgenössischen Kunst“ neugierig macht – auf elles.centrepompidou.fr kann man auch erstmalig gezeigte Videos entdecken -: Die Fülle des Angebots rund um die Ausstellung elles@centrepompidou macht diese einmalige Show zu einem umfangreichen Event von Mai 2009 bis Mai 2010.

Katia Hermann