Erschienen auf www.artandevents.mediaquell.com, 2009
Am 2. Mai 2008 eröffnete die Französin Amel Bourouina ihre BOUROUINA GALLERY in Berlin-Kreuzberg. Gegenüber dem Arbeitsamt und neben einem Supermarkt, kann man diese traumhafte Ausstellungsfläche von 200 m2 in der Charlottenstraße entdecken, wenn man die Tür in der blickundurchlässigen Fensterfront öffnet.
Von Beginn an setzen sich ihre Ausstellungen von den gewöhnlichen, klassischeren Galerie-Ausstellungen ab: sie fördert vorwiegend junge Künstler, die eine radikale und dynamische Position vertreten und öffnet ihren Raum für „thematische Experimente“.
Zur Eröffnung: finnischer Blick auf Mai 68
Perfekt gewählt war der Zeitpunkt für die Eröffnung: am 2. Mai 2008 war ganz Berlin zum Galerien-Wochenende unterwegs. Ihre erste Ausstellung stellten Arbeiten des Finnen Riiko Sakkinen, Jahrgang 1976, vor. Titel der Schau: “Consommateur, applaudis, le spectacle est partout.” Der Titel war die Parodie eines Zitates des französischen Autors, Filmemachers und Revolutionärs Guy Debord, ein Kritiker der kapitalistischen Ideologie des Konsums. Und die Eröffnung an diesem Tag war bewusst gewählt: Mai 1968 starteten die Studentenunruhen in Paris.
Die Werke von Sakkinen waren eine satirische Auseinandersetzung mit den 68ern: Was ist aus ihren Akteuren von damals und ihren aufmüpfigen Ideen geworden? „Nieder mit dem Wohlfahrtsstaat“ – wie abgestellt lehnten Demo-Transparente von damals an den Wänden mit Parodien wie : Seid Realisten und verlangt mehr Cheeseburger! Viele Werke des provozierenden Finnen brachten die Besucher zum Schmunzeln. Schön frech und auch ein bisschen böse – ein gelungener Einstieg.
Die darauf folgende Gruppenausstellung „What´s up 2009“ zeigte Werke fast aller Künstler der Galerie und verstand sich somit als Programmankündigung für die Ausstellungen des Jahres 2009.
Installation zum Thema Lifestyle von Berliner UdK-Schülern
Doch weiter in dem ironischen Ton der ersten Ausstellung ging 2008 die dritte Ausstellung „CONCEPTSTORE“ mit ihrem ausgefeilten Konzept zum aktuellen Thema Lifestyle und Conceptstores. Umgesetzt wurde das Werk von Studenten der Berliner UdK (Studiengang Modedesign), genauer von Lisa Runde, Janosch Mallwitz und Mads Dinesen, sowie den Designern Ole Marten, Jonathan Markus und dem Künstler Matthias Hesselbacher. Die humorvolle Darstellung CONCEPTSTORE sollte provozieren, karikieren und ästhetisch überzeugen. Die entstandene Installation mit Möbeln, Bildern, Zeichnungen und Collagen wurde zum gelungenen Kunstwerk, das in diesen Räumlichkeiten und in seiner Lokalität (nicht weit von der Friedrichstrasse mit ihren vielen Designerläden) besonders zur Geltung kam.
Die dramatische Intensität der Malerei von Guillaume Bresson
Um nach diesen zwei konzeptionellen Ausstellungen der „klassischen Gemälde-Ausstellung“ gerecht zu werden, stellte Bourouina Ende 2008 die ungewöhnlichen Bilder des 26-jährigen Guillaume Bresson aus der École des Beaux-Arts de Paris aus. Die großformatigen Ölgemälde des Franzosen zeigen Szenen, die auf die Banlieue-Unruhen bei Paris anspielen: Jugendliche in Kapuzenpullis bei einer Massenschlägerei in einer Hochhaussiedlung, Überfälle und Aggressionen in Tiefgaragen mit Schildern in deutscher Sprache … Der junge Maler Bresson lebt nämlich seit letztem Jahr in Berlin.
Er malt Gewaltexzesse, theatralische Inszenierungen mit dramatischer Intensität von einer solchen Eleganz, dass man die Inhalte schon fast vergisst. Bresson lässt Schauspieler posieren, fotografiert sie und setzt diese Vorlagen dann in Öl auf Leinwand mit Hilfe einer Technik um, die alte Meister des 17. Jahrhunderts verwendeten, die Grisaille. Der Kontrast alte Technik und Szenen aus der heutigen Zeit, vor allem Bilder der Gewalt, beeindruckt nachhaltig.
Bart Domburgs abstrakte Werke
Das Jahr 2009 beginnt die Bourouina Gallery mit ihrem ältesten Künstler: dem 1957 geborenen Niederländer Bart Domburg, der seit zehn Jahren in Berlin lebt. Diese Ortsveränderung nahm großen Einfluss auf seine Bildthemen. Statt Portraits von Menschen zeigt er Portraits von geschichtsträchtigen Berliner Schauplätzen. In seinen jüngsten Arbeiten, die unter dem Titel „Capital“ in der Galerie zu sehen waren, treten ganz neue Aspekte hervor. Seit einiger Zeit konzentriert sich der Maler Domburg ausschließlich auf Fassaden moderner Architektur und dekliniert dieses Thema durch, ähnlich wie er zuvor mit Nahaufnahmen und Vergrößerungen die Grenzen seiner Portraits von Menschen und Orten ausgelotet hat. Die Fassade als Schnittstelle zwischen Privatem und Öffentlichkeit bleibt als Sujet stets erkennbar, reibt sich jedoch permanent an der Auflösung in Abstraktion.
Adam Saks: schwindelerregender Taumel mit Öl und Aquarell
Die aktuelle Ausstellung „Sacré Nom de Dieu!“ präsentiert die Einzelausstellung von Adam Saks, einem jungen Dänen, der ebenfalls in Berlin lebt. In schönster Haltlosigkeit entfesseln seine neuen Gemälde und Papierarbeiten einen schwindelerregenden Taumel aus derber Seemannsromantik, grotesken Chimären, verschlungenen Wappen und Schriftfetzen, exotischen Naturalienkabinetten, Felsen und vielem mehr. Den vorgefundenen Motivplunder lässt er wie durch ein psychedelisches Kaleidoskop hindurch aufeinanderprallen. Die Motive wandern und verrutschen, tanzen oder werden zusammengestaucht. Vor diesen rauen, farbenprächtigen Bildern fühlt sich der Betrachter hin- und her geworfen…Sacré Nom de Dieu!
Katia Hermann
Ausstellung bis 21. März 2009 in der Gallery Bourouina.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]